Riboflavin und natürliche Flavinanaloga wie F420, F0, Roseoflavin – sie alle tragen Substitutionsgruppen am C7 und/oder C8 Atom des Isoalloxazin-Ringsystems. Wir haben gezeigt, dass 7- oder 8-Monodesmethyriboflavin, nicht aber 7,8-Didesmethylriboflavin, das Riboflavin in einer E. coli Riboflavinmutante ersetzen konnten. Also, das Vorhandensein von mindestens einer Methylgruppe am Isoalloxazinchromophor erscheint für bestimmte Funktion(en) von Flavinen in E. coli absolut essentiell. Um solche kritischen Punkte im Funktionsnetzwerk von E. coli zu identifizieren wurde ein adaptiver Evolutionsversuch mit der Riboflavinmutante in Triplikat durchgeführt. Das synthetische Nährmedium enthielt Riboflavin dessen Konzentration als limitierender Wachstumsfaktor mit jedem Kultivierungsschritt an die Wachstumsraten der Bakterien angepasst wurde. Außerdem wurde dazu einen Überschuss an 7,8-Didesmethylriboflavin hinzugefügt. Nach 100 Kultivierungen konnte Riboflavinkonzentration im Nährmedium von ca. 10 nM zwar nicht auf null aber immerhin auf ca. 1 nM herabgesenkt werden, wobei die Wachstumsraten der Bakterien am Anfang des Versuchs und in der 100sten Kultivierung eventuell gleichgeblieben sind. Eine Sequenzierung der genomischen DNA isoliert aus drei Evolutionslinien hat gezeigt, dass alle Evolutionslinien neue Mutationen in zwei Genen enthielten. Eines der Gene war ompF. Es kodiert ein Membrantransporter (outer membrane protein). Das andere Gen (lpdA) kodiert ein Flavoprotein – Dihydrolipoyldehydrogenase.
In Fortsetzung des Projektes werden alle lpdA-Genvarianten kloniert, exprimiert, entsprechende Enzymvarianten werden gereinigt und in Bezug auf ihre katalytischen Eigenschaften im Vergleich zu dem Wildtyp charakterisiert. Außerdem wird der adaptive Evolutionsversuch fortgesetzt mit dem Ziel durch weitere genetische Änderungen es möglich zu machen natürliche Flavine in E. coli durch 7,8-Didesmethylflavine komplett zu ersetzen.